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ein:schluss. Eine Residenz zu Räumen, Ordnungen & Grenzen. 

Literatur:inklusive ist ein mobiles Lese- und Schreibfestival, dass sich mit kulturellen Ein- und Ausschlüssen durch Schriftsprache befasst. Kern ist das Tiny AlphaHaus, eine von drei Seiten einsehbare mobile Schreibwerkstatt und Bücherei mit Literatur in Einfacher Sprache. An Orten wie Hofanlagen oder Parkplätzen inszenieren wir Lesen und Schreiben im öffentlichen Raum. So holen wir Machtstrukturen ans Tageslicht, welche die Kultur der „Dichter und Denker“ lieber ins stille Schreibkämmerlein verweist und damit dem Diskurs entzieht.

Vorbehaltlich der Förderung wird es Lesungen in Einfacher Sprache mit Gebärdensprachdolmetschen geben, Lange Nächte des aufgeschobenen Schreibens und eben das Literatur-Residenzprogramm, das sich mit den fließenden und vielschichtigen Grenzen zwischen Innen & Außen befasst. 

Über die Residenz

Für die Residenz wird hier speziell eine Person gesucht, die spät ins literarische Schreiben gefunden hat und nun von vielen Instrumenten der Nachwuchsförderung ausgeschlossen ist. Gegen Honorar kann sie an einem der Standorte des Festivals für eine Woche dasTiny AlphaHaus beziehen, wobei offenbleibt, ob sie im Haus auch übernachtet oder es lediglich als Arbeitsraum nutzen will. 

 

Wir folgen dem Prinzip der literarischen Raum- & Grenzforschung: Betrachtet werden soll, was in unseren Räumen dichotom aufgespalten ist und doch auch ganz anders zusammengesetzt werden kann. 

 

Der Begriff „Analphabetismus“, mit dem sich das Tiny AlphaHaus zentral auseinandersetzt, liefert dafür ein Beispiel. „Analphabetismus“ impliziert die Existenz zweier Räume, in denen man entweder lesen und schreiben kann oder nicht, sowie eine Grenze, über welche man von einem in den anderen Raum wechselt. Tatsächlich aber geht es um ein Spektrum schriftsprachlicher Kompetenzen, deren Ausprägungen nicht nur Gesellschaften völlig normal nebeneinanderstehen, sondern auch im Individuum kontextabhängig wechseln. Kein Mensch ist in allem Schreiben sicher. 

 

Kulturell ist weder hinreichend konzeptualisiert, was genau „lesen und schreiben“ bedeutet, noch was eigentlich „können“ heißt. Beides bestimmt sich durch den jeweiligen Kontext, weshalb sich auch der Begriff „Analphabetismus“ kaum von den kolonialen, rassistischen und klassistischen Praxen trennen lässt, die seine Bedeutung erst erzeugen. 

 

Dennoch wirken die Grenzziehungen überaus real: Die meisten Menschen, die das Gefühl haben, schriftsprachlichen Erwartungen ihres Umfeldes nicht zu entsprechen, verstecken sich damit. Die Biografieforschung arbeitet heraus, wie früh Menschen das Gefühl vermittelt bekommen, dass sie sich schämen und öffentlich erst dann sichtbar werden sollen, wenn sie „es denn können“. 

 

Dabei sind auch funktionierende Schreibprozesse normalerweise unsichtbar. Unbeachtet bleibt der gemeinsam geteilte Erfahrungsraum dahinter: Jeder Schreibprozess ist seiner Natur nach schamanfällig, denn Text und Scham liegen an exakt der gleichen Stelle. Auf der Grenze zwischen innen und außen. 

 

All das können, aber müssen nicht, Anhaltspunkte für den eigenen Schreibprozess im Rahmen der Residenz sein. Das Tiny AlphaHaus bietet sich auch darüber hinaus für Erkundungen von Räumen und Grenzen an. Ein Tiny House ist ein mit Holz umbauter Raum, der sich völlig anders zu seiner Umwelt verhält als eine Wohnung mit Tür. Dieses Haus hat zudem an drei Seiten große Fenster, die sich zwar blickdicht nach außen schließen lassen, was aber bewusst eingestellt werden muss. Toiletten und Waschräume, die wir für innerste menschliche Prozesse brauchen, werden sich außerhalb des Hauses befinden. 

 

Tiny Houses sind zudem häufig Sehnsuchtsorte für Menschen, die sich hinsichtlich ihrer Innen-Außen-Grenzen ambivalent verhalten. Sichtbar sind sowohl eine beinahe eskapistische Neigung, sich der Arbeit an Gesellschaft in (kollektive) Privatheit zu entziehen, als auch der Wunsch nach öffentlicher Anerkennung für diesen Lebensentwurf. 

 

Die Residenz kann zu allem möglichen führen: Textfragmente, Textcollagen, Spoken Words, Rap, Essays Kurzgeschichten und Short-Short-Storys, Lyrik und noch viel mehr. Am Ende der Residenz laden wir die Nachbarschaft zu einer Live-Aufzeichnung eines Podcasts ein, der die Erfahrungen und Texte reflektiert. Podcast und Texte werden nach Abschluss der gesamten Tour im Herbst 2024 veröffentlicht. 

 

INTERESSE?

 

Schick mir gern eine Nachricht mit kurzer Biografie & Arbeitsschwerpunkten, einer ersten Idee und 2 Arbeitsproben. Es müssten keine Texte veröffentlicht sein. 

 

Claudia Parton
info@schoenegeschichten.de  
www.tiny-alphahaus.de // www.literatur-inklusive.de 

 

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